Frühlingsgefühle

Endlich Frühling! Sonne und Wärme locken viele Menschen vermehrt ins Freie und Frühlingsgefühle kommen auf. Eine sichtbare Hauterkrankung wie Psoriasis oder Vitiligo kann allerdings die Freude trüben, Haut zu zeigen und anderen Menschen zu begegnen.

Die Tage sind wieder länger. Während wir die neue Helligkeit unmittelbar sehen und spüren, wirkt der Frühling auch in unserem Inneren und führt eine Hormonumstellung herbei: Das Hormon Melatonin, das den Schlaf fördert, wird weniger, und gleichzeitig stimuliert das vermehrte Sonnenlicht das Glückshormon Serotonin.

 

Frühlingsgefühle oder Frühlingsmüdigkeit
Viele Menschen fühlen sich mit der zunehmenden Lichteinwirkung wacher als im Winter, sind aktiver und entwickeln richtiggehend Frühlingsgefühle. Andere fühlen sich hingegen eher schlapp und müde, weil ihnen die für die Umstellung auf die neue Jahreszeit erforderliche Kraft fehlt und der Serotoninspiegel nur langsam ansteigt.

Mit dem vermehrten Sonnenlicht bringt der Frühling auch höhere Temperaturen. Die dicken Wintermäntel werden in ihr Sommerquartier verbannt und machen leichterer Kleidung Platz – viele Menschen zeigen wieder mehr Haut, fühlen sich beschwingt und einige lassen sich zum Flirten verleiten.

 

Befreiung oder Belastung
Während der Frühling für viele nach der kalten Jahreszeit alljährlich eine Art «Befreiungs­phase» einläutet, kann er für Menschen mit einer sichtbaren Hauterkrankung zu einer wiederkehrenden Belastung werden: Die roten, schuppenden Psoriasis-Herde an den Ellbogen oder die depigmentierten, weissen Vitiligo-Stellen am Hals lassen sich nicht mehr so gut unter Kleidern oder einem Schal verstecken. «Wieder Haut zeigen» kann für betroffene Menschen zu einer Herausforderung werden.

 

Schutz- und Kommunikationsorgan
Die Haut ist das grösste Organ. Sie ist sowohl Aussen- als auch Innengrenze eines Menschen; sie bietet Schutz und ist gleichzeitig wichtiges Kommunikations- und Sinnesorgan: Angenehme Berührungen beispielsweise führen unter anderem dazu, dass das Gehirn Oxytocin, das auch als Glücks- oder Kuschelhormon bezeichnet wird, ausschüttet. Daneben werden über die verschiedenen Rezeptoren der Haut Reize wie Schmerz oder Druck sowie Kälte und Wärme wahrgenommen und über Nervenfasern direkt an das Zentralnervensystem weitergeleitet.

 

Berühren
Liebevolle Berührungen tun gut. Sie können Stress reduzieren, wirken entspannend und beruhigend. Sie steigern das Wohlbefinden und vermitteln Sicherheit, Nähe und Zugehörigkeit.

Mit einer Psoriasis oder einer Vitiligo kann das Zulassen von Berührungen schwerfallen. Scham und die Angst vor Ablehnung oder negativen Reaktionen können Streicheln und Zärtlichkeiten oder das Eingehen neuer Beziehungen stören. Bei Psoriasis können zudem auch Juckreiz oder, vor allem wenn die Genitalregion betroffen ist, Schmerzen das positive Erleben von Berührungen und Sexualität beeinträchtigen.

 

Missverständnisse
Soziale Ängste und die Tendenz, körperliche Nähe zu vermeiden, können zu Missverständnis­sen führen und Beziehungen belasten. In der sensiblen Phase des Kennenlernens können sie das Einlassen auf das Gegenüber und die Intimität massiv behindern. Dabei beruhen Berührungsängste häufig mehr auf einer Angst vor Ablehnung als auf einem tatsächlichen Ablehnungsverhalten des Gegenübers. Negative Erlebnisse und Stigmatisierung in der Vergangenheit können solche Hemmungen erheblich und nachhaltig verstärken.

 

Zu sich und für sich einstehen
Es kann Menschen mit einer Hauterkrankung grosse Überwindung kosten und ihnen manchmal gar schier unmöglich scheinen, zu ihrer Haut und ihrem besonderen Äusseren zu stehen und sich berühren zu lassen. Hier kann innere Widerstandskraft, auch als Resilienz bezeichnet, helfen. Dazu gehört, dass man sich der eigenen Stärken und der persönlichen Einzigartigkeit bewusst ist: Der Wert eines Menschen hängt nicht von seinem Äusseren ab.

 

Auch das bewusste Auseinandersetzen mit den eigenen Ängsten oder den Schwierigkeiten mit Intimität kann wertvoll sein, ebenso das offene Gespräch: mit der Partnerin oder dem Partner, einer vertrauten Person, der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt oder einer Psychologin oder einem Psychologen. Vielleicht ist gerade dieser Frühling die richtige Zeit, um den Mut zu finden, über seine Psoriasis oder Vitiligo zu reden.